Nicht selten nutzen sich Eckzähne ab oder sie brechen bis in die Pulpa. Immer wieder werden sogar Tiere vorgestellt, die Zähne bis in den Pulpabereich abgeschliffen bekommen haben. Nach einiger Zeit, wird die Pulpa infiziert und stirbt ab. Der Zahn präsentiert sich dann wie hier:
In der Mitte der Kronenspitze wird ein schwarzer Fleck sichtbar, in den man mit der Sonde eindringen kann. Wird er mit Wasser eingesprüht, kann sich sogar ein Teil des gangränösen Pulpeninhaltes lösen – er zeigt sich dann als schmutzige Brühe an der Oberfläche.
Solche Zähne müssen möglichst schnell wurzelgefüllt werden, wenn sie erhalten bleiben sollen. Die Entzündung dringt sonst durch das apikale Delta des Zahnes weiter in den Kiefer ein.
Das fatale Endstadium einer versäumten Wurzelbehandlung zeigt dieser Fall: Ein etwa neunjähriger Riesenschnauzer wurde mit einem hoch schmerzhaften, stark blutenden und bereits antibiotisch vorbehandelten linken Unterkiefereckzahn vorgestellt.
Das Röntgenbild zeigt, dass der linke Caninus im Alter von unter einem Jahr durch eine Pulpagangrän abgestorben war. Vergleichen Sie die beiden Pulpen (grüne Pfeile): Die Pulpa des Partnerzahnes hatte sich weiterentwickelt und wurde physiologisch verengt. Die fortschreitende Pulpitis hatte nicht nur den Zahn an mehreren Stellen weitgehend aufgelöst (rote Pfeile) sondern bereits zu erheblicher Osteolyse in der Mandibula geführt. Insbesondere unterhalb von P1 bestand die Gefahr einer pathologischen Spontanfraktur. Die Cortikalis der betroffenen Kieferhälfte war bereits erheblich entzündlich verdickt. Aus den Öffnungen im Kieferknochen ergoss sich der Eiter. Der Zahnhalteapparat war völlig zerstört. Lediglich lingual bestand noch eine ankylotische Verbindung zum Knochen (oberhalb des rechten grünen Pfeiles). Die Zahnextraktion stellte sich schwierig dar und musste extrem vorsichtig erfolgen, um den Kiefer nicht jatrogen zu frakturieren. Der schließlich extrahierte Zahn:
Gut zu sehen sind die gekürzte Kronenspitze und die stark entzündlich veränderte und verfärbte Wurzel. Der Ankylose-Bereich stellt sich rot dar. Dort war der Zahn fest mit dem Knochen verwachsen, ein Periodontium fehlte. Die Krone macht dagegen einen bis auf den schwarzen Punkt an der Spitze „normalen“ Eindruck.
Es versteht sich von selbst, dass ein so stark entzündeter Kiefer über längere Zeit nachbehandelt werden muss, bis wieder ein schmerzfreier Zustand eintritt. Nur durch die frühzeitige Versorgung der Pulpa lässt sich ein solcher Krankheitsverlauf verhindern!
Gelegentlich wird die Meinung vertreten, dass offene Milchzähne dagegen nicht von Bedeutung seien. Vor allem in Züchterkreisen wird das „Abkneifen der Eckzähne“ sogar als Zwischenlösung bei Fehlstellungen betrachtet. Tierärzte sollten eindringlich davor warnen. Milchzähne mit ihrer weiten Pulpa infizieren sich innerhalb weniger Tage und verfärben sich dann dunkel. Bisweilen ergibt sich schon innerhalb einer Woche eine Wurzelspitzenfistel mit Austritt weniger Tropfen Eiter in Höhe des P1. Spätestens dann ist der bleibende Eckzahn in höchster Gefahr, denn die eitrige Entzündung greift augenblicklich auf die mützenartig auf dem Zahnkeim sitzenden Adamantoblasten über. Folge dieser Entzündung ist eine Fehlbildung des Zahnschmelzes. Sie kann zu Verfärbungen oder Schmelzdefekten führen. Im schlimmsten Fall geht mit der Vereiterung des Kiefers sogar der ganze Zahn verloren. Fehlstehende Milcheckzähne sollten deshalb immer schonend extrahiert werden. Geschieht dies nach der 14. Lebenswoche, passiert der Schmelzkappe nichts mehr.
Schmelzdefekt an einem Unterkiefer- caninus nach Abkneifen eines Milcheckzahnes mit 6 Wochen beim Züchter – Beachten Sie, dass auch an der Spitze des I3 Substanz fehlt. Nach der Pulpitis hatte sich eine Entzündung des Mandibularknochens eingestellt.
© Dr. Staudacher, AniCura Aachen