Die meisten Tierhalter stellen ihr Tier dem Tierarzt umgehend vor, wenn sie ein ungewöhnliches Aussehen feststellen: Das Tier reagiert auf den Reiz meistens mit einem auffälligen Lidkrampf (Blepharospasmus).
Was für den Besitzer ein Alarmzeichen darstellt, ist für den Tierarzt ein ziemliches Hindernis. Oft kann das Auge erst nach einer entsprechenden Anästhesie vollständig eingesehen werden. Gerade bei akuten Beschwerden sollte die Untersuchung erst abgeschlossen werden, wenn das ganze Auge gemustert worden ist. Viele Verletzungen sind am Rande der Hornhaut (Limbus) – so war z.B. auch die Corneaschnittwunde auf der Abbildung unten im linken nasalen Augenwinkel. Erst bei genauem Hinsehen und unter Zuhilfenahme der Otoskoplupe konnte man den Irisvorfall sehen.
Fremdkörper verbergen sich gerne hinter dem dritten Lid. Insbesondere Grannen können dort schon über längere Zeit liegen und sich in der Schleimhaut tief eingegraben haben. Ähnlich steht es um pflanzliche Fremdkörper auf der Hornhaut (Cornea). Sie sind dort eingegraben und bisweilen gar von Deckgewebe (Epithel) überzogen. Da ihre Umgebung reizlos sein kann, denn die Entzündung findet lange Zeit nur im Bindegewebe (Stroma) direkt unter dem Fremdkörper statt, können sie schnell übersehen werden. Zwischen dem Beginn des Hornhautödems (Corneaödems) und dem perforierenden Geschwür (Ulcus) liegen gelegentlich nur Stunden.
Welche Veränderungen eine Hornhautverletzung mit sich bringt, wird in vollem Umfang erst unter einem Biomikroskop sichtbar: Die Perserkatze im untenstehenden Bild hatte sich an einem Grashalm verletzt.
Schon viel deutlicher sind die Veränderungen an der Hornhaut (Cornea) eines Teckels, der von einem Spielkameraden mit der Pfote ins Auge geschlagen worden war.
Je nach der Stärke der Einwirkung können sich unter einer oberflächlichen Verletzung weitere Schäden verstecken. So fand sich hinter diesem Hämatom des dritten Lides eine ausgedehnte in der Gonioskopie gut sichtbare stumpfe Verletzung des nasalen Abschnittes des Ziliarapparates, die später zu einem Sekundärglaukom führte.
Solange die Medien des Auges eine Untersuchung weiter hinten liegender Abschnitte erlauben, sollte auch die Netzhaut (Retina) genau untersucht werden.
Nicht selten treten infolge stumpfer Verletzungen des Auges, auch wenn die außen sichtbaren Schäden nur geringfügig erscheinen, ausgedehnte Netzhautblutungen bis zur vollständigen Netzhautablösung auf. Jede Blutung in der vorderen Augenkammer weist auf dieses Risiko hin!
Auch bei größeren Blutungen oder bei beginnender Ablösung kann durch eine gezielte medikamentelle Therapie in vielen Fällen ein erheblicher Teil der Sehkraft erhalten bleiben.
Schließlich darf die Therapie nicht abgeschlossen werden, ohne dass nach 2-4 Wochen, bei Blutungen innerhalb des Auges (intraokulär) noch einmal nach ca. 3 Monaten, eine indirekte Ophthalmoskopie vorgenommen wird: fibrinöse Züge können die Netzhaut (Retina) noch nach solchen Zeitspannen ablösen. Dies ist der wichtigste Grund für Späterblindung nach Unfällen!
© Dr. Staudacher, AniCura Aachen