Allergisch bedingte Haut- und Ohrerkrankungen sind manchmal sehr schwierig zu diagnostizieren. Oft genug ist der ganze Prozess extrem frustrierend. Hier möchten wir wichtige Gesichtspunkte der häufigsten Allergien darstellen, die unsere vierbeinigen Patienten (und ihre Tierärzte) plagen.
Die Flohbissallergie: „Der große Imitator“
Auch in unserer Region ist dies eine sehr häufige Allergie, und das sogar bei Patienten, auf denen weder ein Floh noch Exkremente zu finden sind. Vor allem Patienten, die aufgrund ihrer Allergie besonders empfindlich auf die Besiedlung reagieren, entfernen die Ausscheidungen der Flöhe sehr schnell, indem sie sie ablecken. Dennoch kann ein einzelner Biss alle 2-4 Wochen bei solchen Patienten über den Flohspeichel heftigen Juckreiz auslösen – und das für recht lange Zeit. Besonders Katzen zeigen sehr unterschiedli- che Reaktionen: miliare Dermatitis, z.B. die klassische Hautreaktion auf der Kruppe, indolente oder heftig reagierende Geschwüre oder nichtentzündliche Alopezien. Beim Hund wird zuweilen die Beteiligung der gesamten kaudalen Körperhälfte beobachtet, z.T. mit Papeln oder Pusteln am Abdomen oder fibropruriginösen Knötchen. Gelegentlich verhalten sich die Tiere, als seien sie soeben gebissen worden.
Denken Sie auch stets daran, dass ein Flohträger auch einen Bandwurmbefall aufweisen kann, da die Flöhe als Zwischenwirte fungieren. Otitiden werden selten durch eine Flohallergie induziert. Die Flohbissallergie ist eine Überempfindlichkeitsreaktion der Typen I und/oder IV.
Die Futtermittelallergie: „Ohren und After“
Diese Allergie kommt in allen Altersgruppen vor, tritt jedoch gehäuft bei jüngeren (< 1 Jahr) oder alten Patienten auf. Häufig besteht Juckreiz infolge einer Pyodermie oder Otitis. Die Erkrankung ist asaisonal und reagiert sehr variabel auf Steroide. Es kann Juckreiz um den After herum auftreten. Leider gibt es keinen wirklich zuverlässigen diagnostischen Test. Sowohl die serologische Untersuchung als auch Intradermaltests sind nur bedingt zuverlässig. Im Praxisalltag erweisen sich Haustiere sehr häufig im serologischen Test gerade auf das momentan angebotene Futter positiv, während zum Untersuchungszeitpunkt nicht verabreichte Futtermittel schnell übersehen werden. Die Futtermittelallergie kann Reaktions-Typ I, III oder IV entsprechen.
Werden Hydrolysatdiäten verwendet, kann die Reaktion auf Typ I eingeschränkt werden. Am erfolgversprechendsten ist jedoch die Verfütterung eines neuen Proteinmusters. Wurden die in Form der Ausschlussdiät angebotenen Proteine vom Patienten zuvor nie aufgenommen, kann er darauf auch nicht allergisch reagie- ren. Berücksichtigen Sie hierbei, dass die verschiedenen Geflügelar- ten (z.B. Huhn und Ente) antigenverwandt sind. Viele Haustiere wurden bereits mit Fisch oder verschiedenen Fischölen konfrontiert – und sei es nur in Leckerchen. Kartoffeln sind schwächer antigen als Reis. Als Eiweißfuttermittel eignen sich Pferd, Kaninchen, Wild oder Känguruh. Setzen Sie auch Medikationen mit Geschmacksstoffen, Vitamintabletten oder Leckerchen ab.
Dieses strenge Fütterungsregime sollte für mindestens 8-10 Wochen beibehalten werden. Erst wenn nach Verschwinden der klinischen Symptome und Absetzen aller Medikamente weder Haut- noch Ohrveränderungen wiederkehren, war die Ausschlussdiät erfolgreich. Anschließend können selektiv wieder Proteine zugegeben werden, alle 2-3 Wochen ein weiteres. Und erst bei erneutem Auftreten der Beschwerden bei Zugabe eines Proteines ist die Futtermittelallergie wahrscheinlich. Am häufigsten sorgen Rind, Schwein, Geflügel und Weizengluten für Hautbeschwerden. Das so gefundene Antigen sollte lebenslang gemieden werden.
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Die Atopie: „Dieser Juckreiz macht verrückt“
Häufig hat die Allergie eine saisonale Komponente. Deshalb ist der Blick in die Vorgeschichte des Patienten bereits sehr hilfreich. In der Regel beginnt die Erkrankung erst mit 1-3 Jahren, einige Rassen, z.B. der Shar-Pei, können aber bereits im Alter von 6 Monaten betroffen sein. Das Auftreten nach dem sechsten Lebensjahr ist seltener. Häufig macht die Erkrankung in den ersten Jahren so wenig Beschwerden, dass sie vom Besitzer nicht als lästig empfunden wird. Vielfach beginnt sie zunächst als lokalisierter Juckreiz an Unterarmen, Füßen, Flanken, Gesicht und Achseln. Häufig stellen sich bakterielle Sekundärinfektionen ein, die den Juckreiz verstärken und trotz Medikation unterhalten. Liegt keine Saisonalität vor, ist die Diagnose sehr schwierig, da sowohl die Serologie als auch Intradermaltests IgE-Antikörper nachweisen. Diese weisen zwar eine vorausgegangene Exposition und Reaktion nach, sind aber für das Antigen als Krankheitsursache nicht beweisend und auch nicht allergiespezifisch. Dies gilt z.B. auch für den bei fast der Hälfte aller Hund positiven Nachweis von Hausstaub-, Futter- und Vorratsmilben.
Bei Patienten mit saisonalen Schwerpunkten in den Beschwerden kann – sofern andere Allergieursachen unwahrscheinlich sind, z.B. Nahrungsmittel, Flöhe oder Kontaktantigene – kann zunächst von einer Atopie ausgegangen werden. Der eigentliche Zweck des Allergietests ist die Identifizierung möglichst aller als Auslöser in Frage kommenden Antigene, damit ein Hyposensibilisierungs-Serum hergestellt werden kann. Dieses Serum soll die Immunantwort hinunter regulieren und wird hierfür eine gewisse Zeit benötigen, in der Regel zumindest ein Jahr. Häufig sind damit die Symptome nicht völlig zu beseitigen, es gelingt jedoch oft die Reduktion der Beschwerden, die Verminderung sekundärer Komplikationen wie z.B. der Pyodermie und die Verlängerung der beschwerdefreien Intervalle. So bessern sich sowohl die Haut als auch die Ohren.
Serologische Allergietests sind brauchbarer, wenn der Patient deutliche Beschwerden aufweist, da dann auch der IgE-Spiegel deutlich höher ist. Der Intradermaltest fällt zu Beginn und gegen Ende der Beschwerden am deutlichsten aus. Beide Methoden werden jedoch durch Kortikosteroide und Antihistaminika beeinflusst (die serologischen Tests etwas schwächer als der Intradermaltest). Deshalb sollten Antihistaminika, Omegafettsäuren und Steroide (auch lokale Verabreichungen!) mindestens 2 Wochen vor einem Test abgesetzt werden. Nach der Verabreichung von parenteralen Steroiden – insbesondere Depotformulierungen – und nach Langzeitanwendung sollte sogar bis zu 8 Wochen Abstand gehalten werden. Typ I Reaktion.
Die Kontaktallergie: „wandernder Juckreiz“
Dieser Allergietyp ist bei der ersten Untersuchung stets schwer zu diagnostizieren. Der Patient juckt sich oft stark. Er weist erythematöse, papuläre Hautveränderungen an Unterbrust- und bauch, Füßen, Kopf und/oder Ohrmuscheln auf. Der Juckreiz kann saisonal auftreten, da auch manche Kontaktantigene, z.B. Pflanzenantigene, saisonal auftreten. Die Veränderungen können auf eine Kortisonbehandlung reagieren und brauchen häufig auch diese schnelle Hilfe. Diese Allergie kann nur durch den Patch-Test abgeklärt werden, da es sich um eine Typ IV-Überempfindlichkeits-Reaktion handelt. Die beste Therapie ist die Vermeidung der auslösenden Substanz. Gelingt dies nicht, kann häufiges Waschen in Kombination mit Pentoxyphyllin die Reaktion zumindest abmildern. Die Sensibilisierung gegen ein Kontaktantigen benötigt mindestens sechs Monate. Ein einmaliger Kontakt ist nicht ausreichend. Weimaraner scheinen besonders häufig betroffen zu sein. Bei Überempfindlichkeit gegen Kräuter kann die Unkrautbekämpfung im Garten des Halters eine große Hilfe sein. Häufig handelt es sich bei den Kontaktallergenen auch um technische Antigene wie z.B. Reinigungs- und Pflegemittel sowohl für das Tier als auch für seine Umgebung, Textilien wie Teppiche, Polstermöbel oder Bekleidung des Besitzers oder die Fußmatte im Auto. Damit wird deutlich, welche große Bedeutung die Anamnese hat und wie schwierig die Suche werden kann.
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© Dr. Staudacher, AniCura Aachen