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Landschildkröten - haltungsbedingte Krankheiten

Europäische Landschildkröten erfreuen sich immer größerer Beliebtheit als Haustier und damit auch als Patienten in der Kleintierpraxis. Die Mehrzahl aller Krankheiten bei Landschildkröten ist haltungs- und/oder fütterungsbedingt. Umso wichtiger ist es, Haltung und Fütterung zu optimieren.

Europäische Landschildkröten

Die bei uns am häufigsten gehaltenen Landschildkröten sind:

  • Griechische Landschildkröte (Testudo hermanni)
  • Maurische Landschildkröte (Testudo graeca)
  • Breitrandschildkröte (Testudo marginata)
  • Vierzehenschildkröte (Testudo horsfieldii)

Das natürliche Verbreitungsgebiet erstreckt sich je nach Art rund um das Mittelmeer und das nördliche Afrika bis südwestliches Asien.

Haltung 

Bei der Haltung dieser Tiere muss es das Ziel sein, dem natürlichen Lebensraum möglichst nahe zu kommen. Deshalb ist die naturnahe Freilandhaltung ein Muss bei der Haltung von europäischen Landschildkröten. Lediglich für kranke Tiere ist eine vorübergehende Terrarienhaltung denkbar.
Die Schildkröten sollten ganzjährig in großen Freilandgehegen gehalten werden. Diese strukturiert man in Anlehnung an den natürlichen Lebensraum mit Pflanzen, Steinen etc.. Außerdem darf ein beheiztes Frühbeet oder Gewächshaus nicht fehlen, damit die Tiere auch im Frühjahr und Herbst aktiv leben können, denn als wechselwarme Tiere sind sie direkt abhängig von der Außentemperatur.

Fütterung

Bei der Anpflanzung des Geheges sollte man möglichst viele Futterpflanzen auswählen. Die Schildkröten können sich dann nach Pflanzenart und Menge selbst versorgen. Als sehr gute Futterpflanzen eignen sich z. B. Löwenzahn, Spitzwegerich, Vogelmiere, Fetthenne, Taubnessel, Hibiskus u.v.a.m. . Können sich die Schildkröten ihr Futter selbst auswählen, bekommen sie immer eine ausreichende Menge an Nährstoffen, Vitaminen und Mineralstoffen.
Der Eiweißanteil der Futterration für europ. Landschildkröten sollte 20% nicht überschreiten. Da aber gerade im Frühjahr die Pflanzen einen hohen Eiweißanteil haben, muss mit Heu ausgeglichen werden. Bewährt haben sich hier eingeweichte Heucobs für Pferde. Da der Rohfaseranteil des Futters 20-30% betragen sollte, muss Heu immer zur Verfügung stehen. Kalzium und Phosphor sind wichtige Mineralstoffe im Futter. Das Ca:P- Verhältnis sollte 1,5:1 nie unterschreiten. In Form von Sepiaschale oder zerstoßenen Eierschalen kann Ca zugefüttert werden. Vitamin D ist essentiell für Schildkröten. Es wird durch UVB-Strahlung der Sonne in der Haut gebildet. Deshalb sollte beim Kauf eines Frühbeetes auf UVB-
Durchlässigkeit geachtet werden (Glas filtert UV Strahlung). Frisches Trinkwasser muss den Tieren immer zur Verfügung stehen.

Winterstarre

Alle europäischen Landschildkröten fallen bei dauerhaft niedrigeren Temperaturen unter 12-15° in eine Winterstarre. Die Möglichkeit zur Winterstarre muss zur Gesunderhaltung der Tiere ab dem 1. Lebensjahr gegeben werden. Ab September bereiten sich die Tiere auf die Winterstarre vor. Wenn die Tageslänge und die Tageshelligkeit deutlich abnehmen, nehmen die Tiere immer weniger Nahrung zu sich und werden zunehmend inaktiver. Unter 10° nehmen die Schildkröten keine Nahrung mehr auf und vergraben sich im Schutzhaus. Es besteht die Möglichkeit die Tiere im Frühbeet oder im seperaten Kühlschrank zu überwintern. Die Winterstarrestemperaturen betragen 4-6°. Ungefähr im April beenden die Tiere ihre Winterstarre. Bei korrekter Überwinterung nehmen die Schildkröten kaum an Gewicht ab.

 

Haltungsbedingte Krankheiten 

Leider sehen wir in der Praxis immer wieder Landschildkröten, die an Krankheiten leiden, die unmittelbar haltungs- und/oder fütterungsabhängig sind:

  • MBD (Metabolic bone disease)

    Hierbei handelt es sich um einen Symptomenkomplex. Hervorgerufen durch verschiedene Ursachen kommt es zu den typischen Krankheitssymptomen: weicher Panzer, Panzerdeformationen, Höckerbildung, Lithophagie, Legenot.
  • Vitamin D-Mangel 

    Vitamin D bewirkt die Einlagerung von Kalzium in die Knochen. Vitamin D wird auch von Reptilien unter UV-Strahlung selbst synthetisiert. Bei der reinen Terrarienhaltung fehlt häufig UV-Licht oder aber es sind die falschen Lampen installiert. Außerdem müssen die UV-Lampen in regelmäßigen Abständen (1/2-1 x jährlich) erneuert werden, da die UV-Strahlung der Lampen mit der Zeit abnimmt.
  • Kalziummangel

    Durch falsche Fütterung (falsches Ca:P – Verhältnis) kommt es zum Ca-Mangel und zu einem Ca-Abbau aus dem Knochen (ernährungsbedingter sekundärer Hyperparathyreodismus). Es kommt zu Rachitis bzw. Osteomalazie.

Ein übermäßige Energie- und Proteinzufuhr und fehlende Winterstarre begünstigen das Entstehen von metabolischen Knochenerkrankungen.

Durch unzureichende Mineralisation des Panzers kommt es zu z.T. massiven Deformationen. Die Tiere können sich nicht mehr fortbewegen. Durch weiche Unterkieferäste ist eine Futteraufnahme nicht mehr möglich. Bei weiblichen Tieren kann eine Legenot auftreten.

An Hand des Vorberichtes und der häufig eindeutigen Symptomatik, ist die Diagnose leicht zu stellen. Im Röntgenbild erscheint die Knochenstruktur schwammartig. Der Blut Ca-Wert liegt häufig im unteren Normalbereich.

Ganz wichtig ist eine UV-Bestrahlung mit einer geeigneten Lampe (z.B. Osram Vitalux 2 x täglich 20 min.). Zusätzlich sollte eine Vit. D Gabe erfolgen. Wichtig sind auch eine Futterumstellung und eine Ca-Gabe per os. Generell muss die Haltung überdacht werden.

Je nach Krankheitsstadium ist die Prognose gut bis infaust.

  • Nephropathien

    Erkrankungen der Nieren kommen häufig bei Landschildkröten vor. Ursächlich kommen verschiedene Faktoren in Frage, wobei die Fehlernährung und allgemeine Haltungsfehler eine große Rolle spielen.
  • Gicht

    Bei Erhöhung des Harnsäurespiegels kommt es zu Ablagerungen von Harnsäure in der Organen und Gelenken. Für die Entstehung der Urikämie sind v.a. Wassermangel und eine übermäßige Proteinzufuhr über das Futter zu nennen.
  • Hexamiten

    Hexamiten sind begeißelte Parasiten, die sich bei suboptimalen Haltungsbedingungen massiv vermehren, die Nieren befallen und zu Nephritiden führen können. 
    Klinik: Die Symptome sind sehr unspezifisch. Inappetenz, Abmagerung, Apathie, Gelenkschwellungen Ödem, Urinveränderungen, Harnstasis und Enophathalmus können beobachtet werden.
    Diagnose: An Hand des Vorberichts (Fütterung von proteinreicher Nahrung, Wassermangel) ist eine Verdachtsdiagnose zu stellen. Im Blut sind erhöhte Harnsäure- und Phosphorwerte nicht immer vorhanden. Wichtig ist ein Ca:P-Verhältnis <1. Hexamiten können im Urin nachgewiesen werden.
    Therapie: Es erfolgt eine Flüssigkeitszufuhr über subkutane Injektionen und tägliche Bäder in handwarmen Wasser. Eine proteinarme Fütterung muss sichergestellt sein. Bei Erhöhung des Harnsäurespiegels sollte Allopurinol gegeben werden. Auch hier muss die Haltung optimiert werden.

Abschließend bleibt zu sagen, dass bei der Behandlung von europäischen Landschildkröten die Haltungsbedingungen immer genauestens hinterfragt werden müssen. Ohne eine Optimierung der Haltung der Patienten ist eine dauerhafte Genesung kaum möglich.


 © Christina Streck, Tierarztpraxis Dr. Baronetzky-Mercier, Oktober 2016

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