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Salter-Harris-Frakturen

Salter-Harris-Frakturen: Chirurgische Versorgung der intraartikulären Frakturen am Ellenboge.

Bei Jungtieren stellen intraartikuläre Frakturen ein besonderes Risiko dar, weil die Beteiligung der Epiphysenfugen zu einer deutlichen Verzögerung im Wachstum und damit zu Inkongruenzen im Gelenk und Gliedmaßenverkürzungen führen können. Insbesondere bei Miniaturrassen ist der Ellenbogen so fragil, dass schon der Sturz vom Sofa zur Katastrophe führen kann. Anschließend kommt es auf eine schnelle Diagnose und eine optimale Reposition und gewebeschonende aber dennoch stabile Fixation der Fraktur an.

Der Beitrag zeigt die Schwierigkeiten der radiologischen Diagnose und die verschiedenen Varianten der operativen Versorgung auf.

Die meisten Frakturen am distalen Humerus finden zwischen dem vierten und achten Lebensmonat statt, weil die Stabilität dieses Bereiches durch die Wachstumsfuge und das Foramen supratrochleare reduziert ist. Zwischen dem 9. und 12. Lebensmonat verknöchern bei den meisten Hunderassen die distalen Humerusepiphysenfugen. Danach findet kein Längenwachstum mehr statt. Zur Orientierung über die Frakturen unter Fugenbeteiligung wurde das Salter-Harris-System in der Humanmedizin entwickelt und auf die Haustiere übertragen. Die Prognose für die Wiederherstellung der Gelenkfunktion nimmt von Typ 1 bis Typ 5 ab.

Klassifikation und Vorkommen

            Salter Harris 01

Typ 1 beschreibt die Fraktur über der Epiphysenfuge, der Knorpellinie maximalen Wachstums. Im Röntgenbild ist die Breite der Wachstumsfuge erhöht, die Epiphyse kann disloziert sein. Das Knorpelgewebe ist meistens nicht signifikant verletzt, nach Wiederherstellung des Zusammenhanges verläuft das Wachstum ungestört. Wachstumsverzögerungen sind selten. Bei der klinischen Untersuchung besteht oft Krepitation. Es kann aber auch nur eine Schmerzhaftigkeit vorliegen. Bei Dislokation können sich die Knochenenden erheblich voneinander entfernen. Krepitation besteht dann nicht mehr, jedoch erheblich gesteigerte Beweglichkeit. Dieser Typ kommt am häufigsten distal am Femur im Knie und kranial am Femur in der Femurkopfepiphyse mit anschließender Femurkopfnekrose vor. Im Knie ist die Prognose bei stabiler Fixation sehr gut.

Typ 2 liegt bei Fraktur oberhalb der Epiphyse mit Ablösung von Diaphysenteilen vor. Nach Rekonstruktion kann es zu einer geringgradigen Gliedmaßenverkürzung kommen, die durch Anpassung der Winkel gut ausgeglichen wird. Dieser Typ tritt am häufigsten auf, insbesondere distal am Femur.Typ 3 verläuft oberhalb der Epiphyse. Gleichzeitig ist aber auch die Trochlea verletzt. Dadurch wird die Wachstumsfuge geschädigt. Die Gelenkfläche ist an der Fraktur beteiligt. Bei der Rekonstruktion ist auf die stufenfreie Wiederherstellung der Gelenkfläche zu achten.

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Typ 4-Frakturen verlaufen in der Diaphyse und queren Wachstumsfuge und Gelenkfläche in der Trochleafraktur wie in dem in Abb. 2 vorgestellten Fall.

Folglich sind Epiphyse, Diaphyse und Metaphyse betroffen. Es besteht ein hohes Risiko der Gelenkinkongruenz. Außerdem treten postoperative Wachstumsstörungen auf. Typ 3- und 4-Frakturen sind häufig und betreffen so gut wie ausschließlich den Ellenbogen.

Typ 5-Frakturen entstehen durch eine Kompression der Wachstumsfuge. Zur Zusammenhangstrennung kommt es dabei zwar nicht, die Schädigung der Knorpelzone führt aber stets zum vorzeitigen Epiphysenfugenschluss und zum Wachstumsstillstand. Die Diagnose ist schwierig, da außer unklaren Schmerzen weder klinische noch radiologische Zeichen für die Fraktur vorliegen. Meist ergibt sich das Vorliegen dieser Fraktur später unter Berücksichtigung des unauffälligen Röntgenbildes und der Anamnese. Das Auftreten ist an Sprung- und Karpelgelenk (distale Ulna, seltener distaler Radius) und an der distalen Tibia am häufigsten zu beobachten.

Die Schädigung der Wachstumsfuge kann zu erheblichen Wachstumsstörungen führen. Nach Abschluss des Wachstums kann es im Vergleich zur gesunden Gliedmaße Längenunterschiede von 20 – 25% geben. Oft wird dies durch die steilere Winkelung in Ellenbogen-, Knie- oder Tarsalgelenk ausgeglichen.
 
   Salter Harris 03

Therapie

Wegen der Empfindlichkeit der Wachstumszonen muss die operative Versorgung sehr schnell und überaus schonend erfolgen. Stufen in der Gelenkfläche sind zu vermeiden. Typ 1- und 2-Frakturen können in den meisten Fällen durch Pins versorgt werden. Zur Wiederherstellung der Gelenkfläche bei Typ 3- und 4-Frakturen wird eine Zugschraube verwendet. Bei sehr kleinen Hunden würde diese Versorgung jedoch zur Verletzung der Wachstumsfuge führen, da sie so gut wie immer im Bohrkanal liegen würde. Diese Tiere (in der Regel leichter als 2 kg) sollten unter genauester Reposition der Gelenkfläche vorsichtig völlig epi- oder diaphysär durch kleine, nicht in der Linie der Trochleafraktur gekreuzte Kirschnerdrähte versorgt werden. Die Stabilität wird durch dickere Drähte in die Metaphyse hinein sichergestellt. Hierbei muss die Epiphysenfuge zweimal durchbohrt werden. Da die Drähte die Fraktur aber ohne jede Kompression stabilisieren, kann der Knochen während der Heilungsphase ungestört wachsen.

Während der Nachbehandlung soll das Gelenk nicht stillgelegt werden. Der Hund wird in einem kleinen Raum oder einer Box gehalten und nur an der Leine nach draußen geführt. Die frühe Remobilisation ist ein entscheidender Teil der Therapie.

Die Sensibilität des Bereiches erklärt, warum eine frühe Diagnose von so großer Bedeutung ist. Bei Verdacht auf Salter-Harris-Frakturen sollte eine Diagnose nur bei Vorliegen optimal gelagerter, qualitativ guter Röntgenbilder in zwei Ebenen gestellt werden. Die Veränderungen sind häufig sehr dezent. Weil eine Primärversorgung aber nur kurze Zeit erfolgreich ist, bekommt der Tierarzt bei dieser Verletzung keine zweite Chance!

© Dr. Staudacher, AniCura Aachen

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