Katzenartige - das gilt für unsere Hauskatze gleichermaßen wie für Wildkatzen, Tiger und Löwen, müssen als obligate Fleischfresser einen hohen Anteil Nahrungseiweiß verar- beiten. Von dem im Fleisch enthaltenen Eiweiß geht der überwiegende Teil in den Energiehaushalt ein. Der in diesem Eiweiß enthaltene Stickstoff muss in der Leber in Harnstoff umgewandelt und über die Nieren ausgeschie- den werden. Damit liegt die Stoffwechselbelastung einer Katzenniere größenordnungsmäßig 2 - 3 mal höher als die einer Pflanzenfresserniere. Dementsprechend ist auch der Verschleiß höher.
Bei gesunden Säugetieren besteht die Niere aus einigen Millionen Nephronen. Sie bestehen aus der Filtereinheit, dem Glomerulum, und dem Harnkanälchen, das in das Sammelrohr mündet und im Nierenbecken endet. Die Urinproduktion geschieht zweistufig: Zunächst wird aus dem Blut fast der gesamte Flüssigkeitsanteil im Glomerulum abgepresst. Der so filtrierte Primärharn wird in den Harnkanälchen wieder einge- dickt. 80-99% des Wassers wird zurückgewonnen, einzelne Stoffwechselgifte werden aktiv oder passiv in den Primärharn ausgeschieden, andere Stoffe wiederum werden mit dem Wasser in das Gefäßsystem zurück transportiert. Am Ende des Ausscheidungsprozesses steht der Sekundärharn, der in der Blase gesammelt und schließlich ausgeschieden wird. Verfügt der Körper nach ausgiebiger Wasseraufnahme über sehr viel Flüssigkeit, so wird auch Wasser in großen Mengen ausgeschieden. Der Harn ist dann hell und riecht kaum. Fehlt dem Körper Wasser, kann er sehr stark konzentrierten, dunkel-gelben Urin produzieren.
Das Nierenversagen fällt erst auf, wenn über 90% der Nephrone in ihrer Funktion eingeschränkt sind. Zunächst erhöht der Körper nämlich die Tätigkeit der verbleibenden Filtereinheiten soweit, dass die Ausscheidung noch nor- mal vorgenommen wird. Diese Erhöhung der Arbeitsleistung belastet die Nephrone aber übermäßig; demzufolge verschleißen sie schneller. Es kommt eine Spirale in Gang, die immer schwerer zu stoppen ist.
Beim Nierenversagen fällt zunächst das Konzentrationsvermögen des Primärharnes aus: Das Tier produziert immer mehr Urin, der Besitzer denkt überhaupt nicht an ein Nierenversagen, weil er beobachtet, dass die Katzentoilette gut genutzt wird. Die Katze verliert zunehmend Flüssigkeit und trocknet aus. Daraus ergeben sich die ersten Krankheitssymptome, die den Besitzer zum Tierarzt führen: Übermäßiger Durst, stumpfes und ausgetrocknetes, struppiges Fell oder fischiger Mundgeruch mit oder ohne Erbrechen.
In diesem, meist nicht mehr reversiblen Zustand sind bereits ca. 95% der Nephrone ausgefallen. Daher kommt der Früherkennung große Bedeutung zu: Bei Katzen über 8 Jahren sollte jährlich eine Blut- oder Urinuntersuchung durchgeführt werden. Damit kann die Einschränkung der Nierenfunktion schon im Frühstadium erkannt werden. Setzt die Behandlung mit Arzneimitteln und Nierenschonfutter rechtzeitig ein, kann die Lebenserwartung um Jahre verlängert werden - zum Nutzen von Mensch und Tier!
© Dr. Staudacher, AniCura Aachen